Fahrrad fahren & Elefanten waschen
Als ich vor zwei Tagen hier morgens mit dem Zug ankam, war noch nichts geplant. Die Leute, die ich bisher getroffen hatte, berichteten mehrheitlich von einer sehr entspannten Zeit, die sie hier im Norden verbracht haben. Aber es gibt hier einfach so viel zu unternehmen. Die bergigen Regionen um Chiang Mai mitsamt des Doi Suthep Nationalparks laden zu jeder Menge Ausflügen und Aktivitäten ein. Und so bin ich in den Tagen hier zwar auch ein bisschen durch die Stadt geschlendert, aber von buddhistischen Tempeln hatte ich erstmal genug.
Also hatte ich mich für gestern zu einer Radtour angemeldet; die entspannte Variante mit Tourenrädern durch das Bergland. Besuch in einem „Hill Tribe“-Dorf und zwischendrin nochmal ein Tempel. Netterweise wird man morgens direkt an seinem Guesthouse abgeholt – die Ausflüge lassen sich an jeder Ecke Buchen, es gibt alles Erdenkliche von Trekkingtouren bis hin zu Hochseilgarten und Bungee-Jumping. Beim Tourbriefing für’s Radfahren angekommen war ich irgendwie der einzige, der sich für die Sightseeing-Tour entschieden hatte. Alle anderen waren eigentlich da zum Mountainbiking. Man überredete mich dann trotz kleiner Bedenken (ich war noch nie mountainbiken) relativ fix, mich der Beginners-Tour anzuschließen. Also Helm, Handschuhe und Gelenkschützer ausgeliehen und rauf in den Doi Suthep Nationalpark.

Mountainbike statt Trekkingrad
Oben angekommen steckte mich der Guide dann doch lieber in die Experienced-Gruppe. Und so fand ich mich auf einmal statt auf Asphalt und der „Scenic Route“ auf Single Trails über Felsen und Wurzelwerk wieder. Zwar gab es in der Gruppe einige spektakuläre Stürze, aufgeschürfte Ellenbogen und Risswunden, aber irgendwie habe ich es heil durch den Dschungel geschafft. Der Lohn dafür waren spektakuläre Natur, von lokalen Bauern frisch gepflückte Erdbeeren bei der Pause auf einer Bergplantage und abschließend ein Lunch unter Bambushütten am See. Naja, und irgendwie hat’s zwischen Respekt und zeitweise etwas Furcht auch ziemlichen Spaß gemacht.

Zur Pause gab’s frisch gepflückte Erdbeeren
Obwohl ich gestern Abend zu nichts anderem mehr in der Lage war als zum Abendessen und auch das obligatorische Feierabendbier ausließ, half es alles nichts, heute morgen war ich hundemüde und mein Arsch tat weh (tut immer noch). Aber um 8.00 Uhr ging es heute bereits weiter: Ein Must-Have-Done hier in der Region ist der Besuch in einem Elefantenpark. Von etwa 30.000 übrig gebliebenen asiatischen Elefanten leben so etwa 3000 in Thailand – davon nur etwa die Hälfte wild. Elefantenparks beherbergen meistens „zahme“ Elefanten, und bei den meisten touristischen Ausflügen ist das Reiten auf den Dickhäutern als Highlight fester Bestandteil. Deshalb habe ich keinen rein touristischen Park gebucht, sondern den Elephant Nature Park.
Bevor man diese Einrichtung versteht, muss ein bisschen über die Geschichte von domestizierten Elefanten in Thailand wissen: Als Arbeitstiere in der Holzindustrie waren die Tiere weit verbreitet. Die Domestizierung der ansonsten sehr stolzen Wildtiere passierte im schlimmsten Fall in einer mehrtägigen Prozedur, bei der die Tiere in engen Käfigen eingepfercht und mit Schlägen und Züchtigung gefügig gemacht wurden. Die sehr unverblümt übersetzte Beschreibung sagt alles über den Sinn des Rituals aus: „to break their spirit“. Die gefügigen und trainierten Tiere wurden im Wesentlichen dazu eingesetzt, Baumstämme durch den Dschungel zu hieven und zu schleppen. Das Wohl der Tiere ergab sich dabei aus ihrem Arbeitswillen: Wollte ein Tier nicht mehr schuften wurde es mit Zwillen und Stöcken malträtiert. Nicht selten erblindeten die Tiere dabei. Nachdem die thailändische Regierung das kommerzielle Abholzen der Wälder 1989 verbot (es war kaum noch Wald übrig), machte das die Situation für die Elefanten nicht besser – im Gegenteil. Nun waren die Tiere arbeitslos. Warum sollte man also weiterhin für ein Arbeitsgerät sorgen, das zwischen 200 und 300 kg Grünzeug am Tag vertilgt, wenn es doch keinen Nutzen mehr hat? Viele Tiere verhungerten, manche zogen mit ihren Mahouts in die Städte – zum Betteln. Für die Besitzer ein einträgliches Geschäft in den touristischen Vierteln, ist Bangkok der am wenigstens geeignete Ort für einen Elefanten. Im Lärm und Stress der Großstadt finden sich auch heute noch verstörte, unterernährte und von den tausenden Fotoblitzen erblindete Tiere, die ihrem Besitzer jeden Tag Betteldollar einbringen müssen. Von daher ist das Dasein der Dickhäuter in mehr oder weniger weitläufigen Parks hier im Norden noch die erträglichste Form des Lebens.

Etwas größer als die übliche Badeente
Im Elephant Nature Park hat sich eine kleine Thai-Frau aus einem nahegelegenen Bergdorf vor etwa 20 Jahren zur Aufgabe gemacht, den gequältesten Rüsseltieren ein zu Hause zu geben und sie zu retten. Dort werden sie jetzt umsorgt, müssen weder Bäume schleppen noch Touristen durch die Gegend tragen, sondern dürfen einfach nur sein. Um die Farm – die mit vier Tieren anfing und mittlerweile 37 beherbergt – am Laufen zu halten, wird sie von Touristen besucht. Zu jedem Tier, auf das man trifft, wissen die Pfleger eine persönliche und nicht selten sehr grausame Geschichte zu erzählen. Auch hier sind viele Tiere blind und/oder erholen sich langsam von jahrelangem Missbrauch. Darüber hinaus ist der Park Zuflucht für mittlerweile über 400 Hunde, 100 Katzen und ein paar Dutzend Wasserbüffel. Mittlerweile gab es auch schon Nachwuchs, auch wenn das eigentlich nicht das vordringliche Ziel ist. Beim Füttern und Waschen kommt man den an Menschen gewöhnten Tieren ganz nah und freut sich, dass sie nach einem meist beschwerlichen Leben dort gelandet sind. Und man hat mit seinem Besuch direkt zum Schutz der Tiere beigetragen. Also, sollte es von euch jemanden in von euch in diese Gegend verschlagen, ist ein Besuch im Elephant Nature Park Pflicht!

Aus den geretteten Tieren haben sich kleine Familien gebildet
Hoffe, du hast kein Rüsselmessen veranstaltet?!
Lasset dir weiter jut jehen…